Was wir essen ist ein Hebel im Kampf gegen den Klimawandel

Portrait von Christian Niemeyer, Head of Food bei Sodexo

Was bedeuten die Antworten der YouGov/Sodexo-Umfrage für Entscheiderinnen und Entscheider in Unternehmen? Ein Interview mit Christian Niemeyer, Head of Food bei Sodexo Deutschland, zur Frage, was Personalverantwortliche, CEOs und Gebäudeverantwortliche jetzt wissen müssen.

YouGov hat im Auftrag von Sodexo mehr als 1.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland zu ihrem Essverhalten befragt. Was ist dabei herausgekommen?

Das wohl zentralste Ergebnis: Die deutschen Arbeitnehmenden sind Allesesser: Fleisch, Fisch, Gemüse, Obst. Die Mehrheit bezeichnet sich als Omnivor. Bei fast 80 Prozent der Befragten stehen Fleischprodukte mindestens einmal pro Woche auf der Speisekarte. Die Befragten achten aber auch sehr darauf, was auf den Teller kommt: Essen soll gesund sein, von glücklichen Tieren stammen und optimalerweise aus der eigenen Region kommen. 

Ist der häufig zitierte Trend zu pflanzenbasierten Angeboten also überbewertet?

Im Gegenteil! Viele sagen: Für eine bessere Ökobilanz wären sie bereit, weniger Fleisch- und Milchprodukte zu kaufen, nachdem sie informiert würden, welchen Einfluss Fleisch- und Milchprodukten auf die Ökobilanz haben. Mehr als ein Drittel hat wegen des Klimawandels schon weniger Fleisch- und Milchprodukte verzehrt.

Kommt es den meisten am Ende nicht vor allem auf den Geschmack an? Oder anders gefragt: Wie wichtig sind den Deutschen bei der Essensauswahl gesellschaftliche Themen wie der Klimawandel denn wirklich?

Sodexo-Yougov-Studie KopieEssen muss vor allem gut schmecken. Das ist den Ergebnissen zufolge der Hauptanspruch und die Erwartung, die jedes Angebot erfüllen muss. Unsere Umfrage hat ergeben: Gästen in Betriebsrestaurants ist noch vor allen anderen Dingen die Qualität des Essens (60 Prozent) wichtig. Zudem wünscht man sich einen günstigen Preis (38 Prozent) und eine große Auswahl (29 Prozent). Dass das persönliche Essverhalten Einfluss auf das Klima hat, erkennen 55 Prozent - also mehr als die Hälfte aller Befragten. Man sieht: Das gesellschaftliche Thema Klimawandel hat zweifellos einen Stellenwert in der Wahrnehmung.

Was für ein Angebot wünscht man sich vor dem Hintergrund denn?

Was ich besonders spannend finde: Wenn der eigene Arbeitgeber weniger Fleisch im Betriebsrestaurant anbieten will, weil es dem Klima zugutekommt, dann würden das 63 Prozent der Befragten (eher) unterstützen. 69 Prozent sagen, sie wären neugierig auf das nachhaltigere Angebot. 65 Prozent fänden eine solche Anpassung zeitgemäß. Das sind hohe Werte! Diese Zahlen sind für Food-Service-Unternehmen wie Sodexo und unsere Ansprechpartner:innen Auftrag und Ansporn.

Machen wir es konkret: Was essen die Befragten denn besonders gerne?

Wir haben sehr konkret die Frage gestellt, was künftig häufiger auf der Speisekarte stehen soll. Die überraschende Antwort: Salate sind der große Renner mit 47 Prozent. Nur 11 Prozent sagen, es solle weniger Salat geben. Die deutschen Arbeitnehmenden lieben zudem – wenig überraschend - die italienische Küche: 43 Prozent sagen, davon darf es gerne mehr sein, 14 Prozent hätten gerne weniger Pizza und Pasta. Mehr Thailändisch fänden 32 Prozent der Befragten gut. 31 Prozent wollen mehr chinesisches Essen sehen. Aber auch klassisches deutsches Essen hat seine Anhänger: 38 Prozent wollen davon viel bzw. etwas mehr haben. Großer Verlierer: Fastfood. Mehr als die Hälfte wollen davon weniger konsumieren.

Sodexo setzt in vielen seiner Betriebsrestaurants auf ein Baukastensystem mit einer pflanzenbasierten Basis. Wie passt das zu den Wünschen der Gäste?

Die Mischung macht’s! Unsere Umfrage hat ergeben, dass eine Mischung aus Fleisch-Gerichten, vegetarischen Gerichten und Fleischersatz-Produkten das bevorzugte Betriebsrestaurant-Modell von 69 Prozent der Befragten ist. Die Leute wollen vor allem eins: Abwechslung. Und genau das bietet unser Baukastensystem besser als jeder anderer Ansatz. Niemand muss auf Fleisch verzichten. Die Betriebsleitung, der Kunde und der Gast legen fest, ob das Grundgericht um tierische Komponenten erweitert wird oder Bestandteile des Gerichts ausgetauscht werden. Zudem haben unsere Rezept-Entwickler viele tierische Produkte durch Alternativen ersetzt. Damit sparen wir CO2, ohne dass man es den Gerichten selbst anmerken würde. Wie pflanzenbasiert man sich ernährt, bleibt eine persönliche Entscheidung bzw. eine Entscheidung des jeweiligen Betriebs gemeinsam mit dem Kunden. 

Sie haben das Thema Qualität angesprochen. Was ist den Befragten wichtig in Sachen Herkunft und Standards bei tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln?

Sodexo-Yougov-Studie-2 KopieDie gute Nachricht vorweg: Die deutschen Arbeitnehmenden interessieren sich dafür, wo ihr Essen herkommt. Die überragende Mehrheit sagt: „Regional ist für mich alles unter 50 oder 100 Kilometer“. Auch in Bezug auf Essen im Betriebsrestaurant ist das Ergebnis in diesem Punkt eindeutig: Zwei Drittel aller Befragten halten regionale Zutaten dort für eher bzw. äußerst wichtig. Über 60 Prozent wollen wissen, welche Haltungsform das Tier hatte, dessen Fleisch in ihrem Restaurant bei der Arbeit auf der Speisekarte steht. 55 Prozent aller Befragten wünschen sich in der Kantine Fleisch der Haltungsformen 3 und 4. Ein hoher Anspruch und definitiv keine kleine Hürde.

Ob es gelingt, mehr Fleisch aus den Haltungsformen 3 und 4 anzubieten, ist vor allem eine Frage der Verfügbarkeit. Wer steht hier in der Verantwortung?

Gemäß unserer Umfrage sehen die Befragten vor allem die Konsument:innen (41 Prozent) in der Pflicht, dies einzufordern. Supermärkte (34 Prozent), Politik (31 Prozent) und Landwirtschaft (30 Prozent) erhalten ebenfalls hohe Werte bei der Frage, wer hier Verantwortung tragen sollte. Dass in erster Linie die Restaurants und deren Betreiber zuständig sind, denken nur 8 Prozent. 

Die Teilnehmenden der Umfrage sagen: Essen soll hohe Qualität haben UND günstig sein. Wie passt das zusammen?

Die Menschen in Deutschland sind preissensitiv. Das ist angesichts der Inflation der vergangenen Jahre verständlich. 87 Prozent der Befragten sagen: Beim Einkaufen im Supermarkt ist mir der Preis eher bzw. äußerst wichtig. Dass eine hohe Qualität relevanter ist als ein günstiger Preis, finden allerdings auch 75 Prozent. Die ernüchternde Nachricht: Mehr als 7 EUR darf ein Mittagessen im Betriebsrestaurant nur für jeden Fünften kosten. Unser Anspruch ist und bleibt: Wer bei uns Essen geht, kann sehr gute Qualität für einen angemessen Preis erwarten. Wir wollen Gäste und Kunden mit einem runden Angebot überzeugen und die Arbeitsplätze bereichern. Dabei gilt natürlich auch: Qualität hat ihren Preis. 

Sodexo betreibt hunderte Betriebsrestaurants in Deutschland. Was empfehlen Sie angesichts der Umfrage Ihren Kunden?

Wir empfehlen vor allem Eines: Gehen Sie mit Ihren Mitarbeitenden in den Austausch. Wir haben mehr als 1.000 Menschen befragt, die repräsentativ für Arbeitnehmende in Deutschland stehen. Jede Belegschaft ist anders. Unsere Studie ist ein Anlass für Personalverantwortliche, Geschäftsführende und das Gebäudemanagement zu fragen: Welches Essensangebot macht uns als Arbeitgeber noch attraktiver? Zudem gibt die Umfrage vor allem eine Anregung: Was wir essen ist ein Hebel im Kampf gegen den Klimawandel. Die Mehrheit der Menschen weiß dies und ist bereit, auch beim Essen danach zu handeln. Das Betriebsrestaurant ist damit ein relevanter Faktor, wenn es um das Erreichen der Nachhaltigkeitsziele von Unternehmen geht.

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